Als nächstes schickte Mursi den Verteidgungsminister und mächtigen Vorsitzenden des Militärrates, Muhammed Hussein Tantawi, sowie dessen Stabschef Sami Annan in den Ruhestand und ersetzte diese durch wohlgesonnene Gefolgsleute. Anschließend wurden jene Verfassungszusätze gestrichen, die der Militärrat zur Einschränkung der präsidialen Macht in Kraft gesetzt hatte. Zuletzt ließ Mursi erneut aufhorchen: Er plant eine Iran-Reise - zum Gipfeltreffen der blockfreien Staaten. Dort will er den Vorsitz des Verbundes an Mahmud Ahmadinedschad, dem iranischen Präsidenten, übergeben. Zum ersten Mal seit rund 30 Jahren würde damit ein ägyptisches Staatsoberhaupt wieder iranischen Boden betreten (Ägypten gewährte dem 1979 gestürzten Schah von Persien, Ali Resa Pahlewi, Asyl). Und dies in einer sehr heiklen, gegenwärtigen Lage, wird doch immer wieder durch geheime Quellen aus Israel und den USA verlautet, dass ein Militärschlag gegen das dortige Regime unmittelbar bevorstünde.
Mohammed Mursi hat einen Abschluss in Metallurgie an der Universität von Kairo. Er promovierte 1982 an der University of Southern California und war zuletzt als Professor an der Universität Zagazig in Ägypten tätig. Bereits 1977 hat er sich der Muslimbrüderschaft angeschlossen. Seit der Machtübernahme der Mullahs in Teheran waren die diplomatischen Beziehungen zwischen beiden Staaten auf Eis gelegt. Alles deutet nun auf eine Annäherung beider Länder hin. Eine Tatsache, die v.a. in Tel Aviv die Angst schürt. Eine Verbrüderung des schiitischen Iran mit dem sunnitischen Ägypten würde für eine große Explosivkraft im Nahen und Mittleren Osten sorgen. Auch in den Golfstaaten und Saudi Arabien. Die Königshäuser befürchten die Zunahme der Macht durch religiöse Gruppierungen. In einem vermeintlichen Interview, das Mursi einige Stunden vor seinem Wahlsieg im Juni gegeben haben soll, war von einer "Allianz mit dem Iran" die Rede. Nur wenige Stunden danach dementierte Kairo - ein solcher Inhalt entbehre jeglicher Grundlage. Ob nun tatsächlich Mursi oder dessen Stellvertreter Mahmud Mekki nach Teheran reisen werden, ist derzeit noch Inhalt wildester Spekulationen. Mursi plane dies auf seinem Rückweg von China, heißt es aus unbestätigten Quellen.
TAM-News |
||
Online-ZeitungÄgypten - auf dem Weg zur islamischen Republik |
22.08.2012 |
Fortsetzung: Ägypten - auf dem Weg zur islamischen Republik?
Präsident Mohammed Mursi macht groß reine!
Obwohl Ägypten noch weiterhin milliardenschwere militärische Unterstützung aus dem Westen erhält - alles deutet nun auf eine künftig sunnitisch-islamische Republik Ägypten. Die Verbindungen zum Westen werden nach und nach abgebrochen, neue und andere aufgebaut. Inwieweit die Religion in Zukunft eine Rolle spielen wird, bleibt abzuwarten. Jedoch erscheint eines als sicher: Die Haupteinnahmequelle der Region an den Pyramiden, der Tourismus, wird ganz entscheidend dadurch beeinflusst. Auch die Wirtschaft des Landes mit dem ehemals höchsten BIP Afrikas könnte sich in Richtung China orientieren. Ist dies wirklich das, was sich die Demonstranten auf dem Tahrir-Platz von Freiheit erwartet haben, wofür rund 850 Menschen ihr Leben ließen???
(Ulrich Stock)
|